Manchmal ist es so eine Sache mit dem Fotografieren. Irgendwie strebt man ja auf dem Wege der Verbesserung der eigenen fotografischen Fähigkeiten hin zu immer ausgefeilteren, immer perfekteren und immer spektakuläreren Bildern. Wenn man seine Ergebnisse in sozialen Medien präsentiert, kommt dort noch hinzu, dass natürlich die knalligen, plakativen Motive und Bilder oft „erfolgreicher“ sind. Nun kann man sicher trefflich darüber streiten, ob viele Likes auf Instagram etwas erstrebenswertes sind und ob sie überhaupt etwas über die Qualität der so „bewerteten“ Fotos aussagen. Und doch kann zumindest ich mich nicht komplett davon frei machen, auch auf die Anzahl der erzielten Likes zu schielen, wenn ich neue Fotos hochgeladen habe – und manchmal auch enttäuscht darüber zu sein.
Und so kommt es dann – gerade jetzt, zu Zeiten des Corona-Lockdowns – zu der irgendwie absurden Situation, dass ich einerseits große Lust verspüre, mit der Kamera loszuziehen, andererseits aber das Gefühl habe, mit den Bildern aus meiner direkten Umgebung (woandershin zu kommen ist zurzeit eben nicht so leicht) sowieso niemanden hinter dem Ofen hervorlocken zu können. Wer will schon Fotos aus dem ländlichen Niedersachsen sehen, auf denen es weder tosende Wasserfälle noch schroffe Felsen noch malerische Seenlandschaften zu sehen gibt? Ist es nicht furchtbar öde und langweilig, Nadelwälder, Wiesen und Felder aus der nahen Umgebung zu fotografieren?
In solchen Situationen muss ich mich selbst dann daran erinnern, warum ich eigentlich so gern fotografiere. Daran, dass es eigentlich dabei erstmal zweitrangig ist, welche Fotos dabei herauskommen. Daran, dass es vielmehr das Fotografieren an sich ist, die Tätigkeit, der Umgang mit der Kamera, die Beschäftigung mit der Erzeugung eines Fotos, das Betrachten des Motivs durch den Sucher, die Auseinandersetzung mit der Umgebung auf diese völlig eigene Weise, die den Reiz daran ausmacht. Daran, wie glücklich und zufrieden ich nach einem Fotoausflug zurückkehre, weil genau diese Auseinandersetzung es vermag, den Kopf von all dem Alltags-Ballast freizumachen, den ich mit mir herumtrage.
Und dann ist es auf einmal auch gar nicht mehr wichtig, dass auf den Fotos atemberaubende Landschaften oder spektakuläre Szenen zu sehen sind. Dann nehme ich die Kamera und gehe einfach los, drehe einfach meine gewohnten Runden. Dann entdecke ich doch immer wieder etwas Neues im Alten, eine neue Perspektive, ein besonderes Licht, eine Szene, die mir zuvor noch nie so aufgefallen ist. Dann sehe ich wieder, wie schön es doch auch in meiner direkten Umgebung sein kann. Dann haben die Bilder einfach ihre ganz eigene Bedeutung – wenn auch vielleicht nur für mich. Und dann spielt es auch keine Rolle mehr, ob es viele Likes dafür gibt. Versteht mich nicht falsch, ich mag es sehr, meine Fotos zu präsentieren, ohne ein gewisses „Sendungsbewusstsein“ meinerseits würde es ja auch diesen Blog hier nicht geben. Aber diese Überlegungen helfen mir doch sehr, auf dem Teppich zu bleiben und den Wert der Beschäftigung mit der Fotografie für mich ganz persönlich zu erkennen.
Und deshalb zeige ich hier voller Selbstbewusstsein meine wohl letzten Fotos dieses Jahres – alle aus meiner Gegend, ganz unspektakulär und doch voller eigener Schönheit, wie ich finde.
Allen, die mir bis hierher gefolgt sind, wünsche ich ein schönes neues Jahr. Und allen, die die Leidenschaft fürs Fotografieren mit mir teilen, die hoffentlich immer wieder neue Erkenntnis darüber, worin diese Leidenschaft für Euch ganz persönlich besteht.